zurück


POLAR  DISTANS 2005

 

Die Jagd nach dem „Phantom“

 

Manche werden meinen Saisonbericht schon früher erwartet haben, eigentlich wollte ich nach dem Rennen gar nicht mehr zur Feder greifen. Zu tief saßen unverarbeitete Eindrücke und Rennstrapazen in mir, die mich bewogen meine neuerlich erworbenen Erfahrungen für mich zu behalten. Letztendlich bewogen mich nette, aufmunternde Gespräche und e-mails von Freunden und Mushern zu diesem Bericht.

Unsere Rennsaison 2005 war geprägt von den unterschiedlichsten sich aneinander reihenden Problemen und daraus entstandenen Weh-Wehchen. Mehrere tausend Rennkilometer der letzten Jahre gingen nicht spurlos an Mensch und Tier vorbei.

Destne, Sedivackuv Long im Januar, 180 km, äußerst schwierige Wetterbedingungen. Arktische Minusgrade, Schneestürme und Massen von Neuschnee, hier begannen durch massives vereisen die Pfotenprobleme Easy-Anouks, meiner Langstreckenleaderin. Es war schwierig bei einem (harten) Hund mit herabgesetztem Schmerzempfinden, Eisklumpen und dadurch resultierende Verletzungen der Ballen bzw.der Pfoten festzustellen. Leider reagierte ich zu spät und der Hornbelag begann sich schon am darauffolgenden Tag abzulösen, unsere „Pflege u. Bootiesaison“ begann. Anouk ertrug alle Torturen mit stoischer Ruhe, lief die ganze Trans Thüringia (immerhin 310km!) gebooted, rutschte fürchterlich auf dem harten Trail und ließ dadurch ihre gewohnte Endgeschwindigkeit vermissen. Aber sie hielt mit viel Pflege und Zuwendung (bis zum einschlafen in der Box streicheln, dann bleibt auch die Salbe dort wo sie wirken soll!!) bis zum Regenabbruch durch, im Gegenteil was wäre wohl gewesen wenn…?

Zur DM in Brotterode konnten wir an keinem Tag unser wahres Leistungsvermögen abrufen, diesmal war ich selbst durch Bronchitis gehandicapt.

In der letzten Februarwoche reisten wir, in etwas geänderter Teamformation gegenüber 2004, mit von der Partie war diesmal Yvonne die Lebensgefährtin meines ältesten Sohnes Sebastian, zum Vorbereitungstraining und zur Akklimatation nach Schweden. In der Nähe von Idre bezogen wir zusammen mit Familie Schwegel und Harald Fuchs ein schmuckes Blockhaus, ungewohnter Luxus da wir in der Regel unser kuscheliges Wohnmobil einer festen Behausung vorziehen. Die Vorbereitung wollte einfach nicht so richtig anlaufen, starke Schneefälle mit Verwehungen, Temperaturen bis Nahe -40 Grad und die wenig frequentierten Skidoo Routen ließen einen kontrollierten und gewohnten Trainingsaufbau für ein Pulkateam einfach nicht zu. Orientierungsprobleme in unbekanntem Terrain, manchmal konnten wir die Schlittenspuren von 3 Teams, die 3 Stunden vor uns starteten nicht mehr finden, kamen erschwerend hinzu. So war bei fast allen Ausfahrten die komplette Biwakausrüstung in der Pulka . Der sehr kalte, kristalline,abrassive Schnee (skaten bei 30cm Neuschnee!!) verursachte ungewohnte Bewegungsabläufe beim Skilaufen. Deren Folge sich, zu allem Überfluss, eine Woche vor dem Start zum Polar Distans sich meine Achillessehnen meldeten. Wir zogen alle medizinischen Register um meine Teilnahme am Rennen zu ermöglichen. Die Hundepfoten wurden im Vorfeld sowieso akribisch gepflegt. Kein Training ohne Booties, der Schnee war zu aggressiv. Wie 2003 und 2004 unternahmen wir in der Vorwoche als Härtetest fürs Polar Distans eine 2 Tagestour durchs Fjäll. Für unseren anfangs etwas skeptischen Rookie Yvonne sollte diese Tour zum unvergesslichen Erlebnis werden. Als sehr gute Skiläuferin, führte sie über die gesamte Strecke von etwa 110km ein großes Pulkateam mit ca.70kg schwer beladener Pulka. Nur in bergigen Abfahrten fungierte Sebastian als Bremskraftverstärker.

Am Samstag  den 12.März zogen wir bei strahlendem Sonnenschein und 25- Graden nach Särna dem Startort des Polardistans um. Nach und nach trafen bis Sonntagabend die Teams ein. Mit H.Rosemann, H.W.Schwegel, H.J.Ebert, R.Galm, M.Witschel, M.Götzmann, K.H.Wepler, H. Krempel und uns hatten sich 9 deutschsprachige Teams in die Startliste eingetragen. Wie immer fiel die Begrüßung aller Teilnehmer untereinander sehr herzlich aus.

Gegenüber dem Vorjahr hatte sich nichts am Rennmodus und der Strecke geändert. Nur das Organisationsteam schien mir geschrumpft, die Präparation der Trails erfolgte nach meinen bisherigen PD Erfahrungen und der ergiebigen Schneelage zu spät. Ein weiterer Grund warum  der Umlauf 2005 zum härtesten in der bisherigen Geschichte werden sollte.

Als große Ehre empfand ich meine Wahl als Aktivensprecher in die Rennjurie. Die Streckenlänge betrug 310km, der Trail konnte gut auf die Skidookarte Särna / Idre übertragen werden. 5 Checkpoints mussten angefahren werden, nur dort gab es auch fließendes kaltes Wasser. Unterwegs konnte nur aus Schnee Wasser gewonnen werden. Die komplette Ausrüstung muss für die gesamte Renndistanz mitgeführt werden. Annahme fremder Hilfe führt unweigerlich zur Disqualifikation. Am Kontrollpunkt 2 erfolgte der Veterinär Check zudem war die 6 stündige Pflichtpause fällig, ansonsten konnte man sich das Rennen nach Belieben einteilen.

Gegenüber 2004 konnten wir das Ausrüstungsgewicht nochmals reduzieren. Alles Gerät passte nun auf unsere, von Sebastian hergestellte, kürzere und damit auch leichtere Distanz Z Pulka. Allerdings bekam sie einen neu entwickelten Packsack verordnet.

 Die Musherbesprechung am Sonntag, Vet-check aller Hunde am Montag und letztendlich die Ausrüstungskontrolle! Es konnte losgehen!!

Die letzte Nacht vor dem Massenstart am Dienstag Früh um 09.00Uhr, war wie immer kurz. Auch mit dem Erfahrungsschatz als Finisher der Vorjahre konnte ich meine (berechtigte) Nervosität nicht ablegen. Am Vorabend  hatte man mich noch vor meiner sehr starken Konkurrenz aus Norwegen gewarnt. Unter anderem vor Sverre N. Moe einem Extremsportler mit viel Tourenerfahrung im Fjäll. Ein harter Brocken, der sich im Rennverlauf als das“ Phantom“ des Polar Distans erweisen sollte. 7 Pulkastarter stellten sich 2005 dem Abenteuer Polar Distanz.

 

Dienstag, 15.März 2005, 09.00Uhr, -8Grad, Wind NW, vereinzelt Wolken, Massenstart der Pulkaläufer, schlagartig verstummt das infernalische Konzert der Hunde, das Feld prescht davon. Mit dem Holländer Wilco van Dijen ist nur ein Siberian Husky Team unter den Startern. Nicht zuviel riskieren am Start ist unsere Devise, ein Blitzstart wie 2004 als wir uns sofort vom Verfolgerfeld absetzen konnten, gelingt uns diesmal nicht.

2 Schweden, Lennart Andersson mit 2 Grönländern und Inge Eklund mit 4 Malamuten, setzen sich an die Spitze des Feldes. Herrlicher Sonnenschein begleitet uns auf dem Weg nach Nordwesten zum Check Point 1 in 43km Entfernung. Je weiter wir uns von Särna und den vielbefahrenen Skidoo Routen entfernen, desto schwieriger wird der Trail. Schneehöhe und Verwehungen lassen mich bereits erahnen was uns später erwarten wird. Erwartungsgemäß fahren wir am ersten knackigen Anstieg zu den beiden Schweden auf, übernehmen die Führung können jedoch dauernd den Atem der Verfolger fühlen. Zwischenzeitlich heftet sich auch das niederländische 4er Huskyteam an unsere Fersen, muss aber wieder abreißen lassen. Jeder hat an diesem ersten Rennabschnitt Pfotenprobleme und muss dadurch gehandicaped immer wieder kurz stoppen.

 

Checkpoint 1, am frühen Nachmittag des 15.März

Unser Stop läuft plangemäß, ich füttere die Hunde, präpariere die Skier neu und nach 45min sind wir wieder auf dem Trail. Nach etwa einer Stunde holen wir, die beiden vor uns gestarteten Norweger ein, die uns von dort an dichtauf folgen. Bleibe ich kurz stehen um die Pfoten zu enteisen, oder um einen Energieriegel aus einer Tasche zu angeln, parken beide hinter mir und beobachten, auf Ihren Skistöcken lehnend, mein Tun. Erst als sich der Tag dem Ende neigt, kann ich die Norweger, die mit dem kupierten Gelände in klassischer Skitechnik weniger Probleme haben, vorbei winken. Im Laufe der Nacht gelingt Andersson der Anschluss an uns, seine Frage zum Standort der Norweger kann ich Ihm nicht beantworten. Die Temperaturen sind jetzt kurz vor Kringelfjorden auf etwa 20 Grad Minus gefallen. Meine eiskalten Finger, in den vom Pfotenreinigen feuchten Handschuhen, ignoriere ich mit dem Gedanken „am nächsten Anstieg werden sie schon wieder warm“.  In den nächsten Stunden, bis zum Eintreffen im Checkpoint 2, ziehe ich mir aus mangelnder Erfahrung und Unwissenheit, Erfrierungen an den Fingerspitzen zu. Die warmen schwedischen Langlaufhandschuhe liegen griffbereit vor mir im Transportsack!! Die schwierige Trailbeschaffenheit bedingt durch verwehten Neuschnee, kostet viel Kraft und nagt schon am ersten Tag an unseren Reserven. Ich sehne CP 2 und meinen warmen Schlafsack förmlich herbei. Andersson zieht an Steigungen, da mittlerweile auch klassisch laufend , immer wieder davon. Diesjahr ist meine Skatingtechnik ein Handicap und überaus kraftraubend.

Plötzlich am rechten Wegesrand der Schein einer Stirnlampe. Andersson? nein, sein Licht schimmert weiter vorne. Es ist Fuglesteg der anscheinend sein Biwak aufbaut. Es ist mir unverständlich, denn bis Off Road dem nächsten Kontrollpunkt sind es nicht mehr als 30km. Ich verschwende nicht viel Gedanken mit Ihm, innerlich plane ich schon mein eigenes Biwak, jeder Handgriff muss sitzen. Sebastian und Yvonne sind noch wach und erwarten  uns am Särna See auf dem die Kälte förmlich steht.“ Die Mädels sind fit, alles klar!“ rufe ich Ihnen zu, die Probleme mit meinen Fingern und dem geschwollenen rechten Auge behalte ich für mich. Moe hat 20min Vorsprung, kein Problem! das Rennen ist noch lang! Zusammen mit Andersson erreiche ich nach Mitternacht Off Road. Wir fragen die Tierärztin nach Moe, er ist noch nicht eingetroffen, muss sich wohl irgendwo verfahren haben. Egal, ab jetzt läuft die Zeit! 6 Stunden! Nach der Zeitaddition von Biwak einrichten, Hunde Füttern, kochen und essen, Ski wachsen und für den Neustart vorarbeiten, muss noch ausreichend Zeit zum ruhen verbleiben. Ich gönne mir 1,5 Stunden Ruhe, richtig schlafen konnte ich beim Polar Distans nie. Moe erreicht CP 2 auch kurz nach uns und berichtet von Orientierungsproblemen, ruckzuck bezieht er routiniert sein Biwak. . Wir 3 sind die einzigen Pulkaläufer die CP 2 und somit 125km am ersten Renntag schaffen.  Die Tierärztin ist sehr zufrieden mit dem Zustand der Hunde, mein Auge dagegen gibt Anlass zur Sorge, beginnende Schneeblindheit. Schneeflocken wecken mich, es fällt schwer der wohligen Wärme des Schlafsackes zu entfliehen. Ich beginne so still wie möglich mit meinen Starvorbereitungen, doch kurz darauf regen sich auch meine Konkurrenten. In kurzen Zeitabständen verlassen wir Off Road nach dem Pflichtstop. Obwohl es schneit laufe ich mit Sonnenbrille um mein Auge nicht noch mehr zu strapazieren. Bis zum Anstieg ins Fjäll bei Dalakojan erarbeiten wir uns 15min Vorsprung, die wir aber bei dortiger Pause wieder einbüßen. Nach dem 16km langen Anstieg in die baumlosen Weiten des Fjälls ist uns Moe enteilt. Seine Fjäll Erfahrung lässt uns chancenlos aussehen. Seit dem Start am Morgen sah ich ihn nie die Hunde snacken, selbst essen oder trinken, geschweige denn pausieren! Der Trail im Anstieg ist extrem kraftraubend, nur mit äußerstem Einsatz kann ich Lennart folgen. Die Hunde finden kaum eine tragende Skidoospur. In Morvallen, nach hier oben führte uns eine Tour im Vorjahr, wollte Anouk vermutlich in der ihr bekannten Hütte die Pfoten hochlegen. Die Zeit reichte leider nur zum überprüfen der Booties und zum snacken. Endlich am späten Nachmittag erreichen wir Checkpoint 3 Löfhögen, ein historischer, Denkmal geschützter Blockhausweiler in einem kleinen Seitental. Das GPS zeigt nun, ohne Höhen und Tiefen aufgezeichnet zu haben, Rennkilometer 186.

Moe hat 45 min vor uns nur kurz angehalten und sofort mit der Fjällüberschreitung begonnen. Nach einer derart anstrengenden Bergetappe vermutete ich den Norweger eigentlich, in dem hier oben üblichen Biwak. Lennart und ich beschlossen den Hunde eine Pause zu gönnen. Nach einem kurzen Toilettengang war der Schwede jedoch, zu meinem Erstaunen und der vorherigen Absprache, schon wieder auf der Jagd nach Moe. Im Schein der Stirnlampe verließ ich bei zunehmenden Schneefall Löfhögen. Die Pause musste ausfallen, Zeit blieb nur zum snacken und für einen Mineraldrink. Moe musste nun knapp 1 Stunde 15 min, Andersson etwa 5min vor uns am 4km langen Anstieg auf den höchsten Punkt des Gebirges laufen. Die Checkpoint Crew hatte mich noch vor einer Renherde auf dem Bergrücken gewarnt. Just im Anstieg lagen die Tiere mit den ausladenden Geweihen keine 3 Meter neben dem Trail in ihren Schneekuhlen. Die Frage wer wohl mehr Respekt vor einander hatte, Ren oder Hund, bleibt ungeklärt. Es schneite stärker, Sicht kaum 15m, Lennarts Spur fast unkenntlich. Das GPS wird’s schon richten, denke ich und finde wenig später auch Dank elektronischer Hilfe überglücklich den Abzweig ins Tal. Doch unvermittelt der nächste Schock! Anouk springt kopfüber in eine Schneewehe. Die schwere Pulka biegt das Gestänge beängstigend, es droht zu brechen!! Erst beim zweiten Schnee wälzen der Hunde erkenne ich die Situation. Bei bestimmten, sehr seltenen Wetterlagen ist es im Fjäll, trotz herrschender Minusgrade, möglich das es regnet. In diesem Wetterphänomen steckten wir nun. Bei -7Grad waren Anouk die Augen vereist, die sie durch den Sprung in den Schnee versuchte wieder aufzubekommen. Ein Blick an mir herab, unglaublich, die Kleidung überzogen mit 3mm Eis. Den Zuckerguss konnte man mittlerweile auch deutlich bei jeder Bewegung knistern hören. Ich hatte den Regen im Scheine der Stirnlampe nicht als solchen erkannt und deshalb auch keine Schutzkleidung übergezogen. Geschätzte 50 Höhenmeter genügten um den Spuk wieder zu beenden. Unvermittelt tauchte Lennart im starken Schneefall wieder auf, ein Gespräch wollte diesmal nicht aufkommen.

Kurz vor Mitternacht des 26.März trafen wir voller Erwartung einer Biwakpause, nach nunmehr 218 Rennkilometer im Checkpoint 4 ein. Doch weit gefehlt, ziemlich am Ende meiner Physis teilte mir Sebastian mit, dass Moe CP 4 schon vor ca.35min nach einstündiger Pause wieder verlassen hat. Das Phantom hatte wieder zugeschlagen.

Anouk und Akana waren sofort, nach dem ausspannen  und einer erneuten Tierarztkontrolle, eingeschlafen. Selbst das rascheln der Futterbox konnte meine Mädels nicht beeindrucken. Jetzt war auch das ganze Ausmaß des Eisregens ersichtlich, eine Pulka unter Zuckerguss!! Von meiner Kleidung war der größte Teil des Eises abgebröckelt. Ich musste unbedingt essen und vor allem trinken, wollte aber auch gleichzeitig nicht mehr wertvolle Zeit einbüßen. Also würgte ich nur gefrorene Müsliriegel und kalten Mineraldrink hinunter, für Wasserkochen war keine Zeit. Noch wollte ich mich im Kampf um den Gesamtsieg nicht geschlagen geben. Inzwischen parkte auch Lennart wieder hinter mir, seine Hunde hatten Pfotenprobleme, deshalb sein Zeitverlust. Auch er schien paralysiert von der Renntaktik des Phantoms, irgendwann musste doch auch er einmal rasten und verpflegen. Lennart entschloss sich zum Biwak, wir verfolgten das Phantom.

Als wir nach gut einer Std. Pause auf den letzten ca. 90km langen Streckenabschnitt gingen, ließ auch der Schneefall nach. Skaten bei 25cm Neuschnee auf einem Trail der eigentlich nicht mehr existierte war zur schmerzlichen Tortour geworden.

Während der nächsten 4 Stunden sollten wir gerade einmal 23 km schaffen. Immerhin zeichnete sich außer der Skispur Sverres nun auch die Schlittenspur einer Teilnehmerin des Halbdistanz Rennens auf dem tiefen Trail ab. Die Leithunde dieses Teams verfehlten ein ums andere Mal die feste Spur und brachen in den Tiefschnee neben der Strecke ein. Anouk und Akana folgten immer wieder der fremden Spur, darauf vertrauend das dies der präparierte Weg sei. Meine Korrekturversuche waren meist erfolglos, hilflos schwammen meine Hunde im Tiefschnee, ohne Gripp für die Pfoten um  die schwere Pulka auf den Trail zurück zuschleppen. Unzählige Male kämpften wir uns gemeinsam zurück auf den Trail, immer wieder stürzte ich bei diesen Aktionen. Immer mehr Schnee fror an Handschuhen, Skistiefeln und der Bekleidung fest. Mitunter gerieten wir auf Skidoonebenstrecken, das GPS zeigte Wegpunkte in völlig anderer Richtung. Bleierne Kälte, zunehmende Erschöpfung, es war zum Verzweifeln, nur der Vorwärtsdrang meiner Malamützen trieb mich stetig voran. Doch auch Sverre kämpfte mit diesen schweren Bedingungen und konnte ahnen das wir ihn verfolgten. In den frühen Morgenstunden, Hände und Füße sind gefühllos kalt, siegt die Vernunft. Ich schätze –25 Grad und muss mich aufwärmen. Ein Lagerfeuer wie 2003 mit Ruppert Hirschberg wäre bestimmt am wirkungsvollsten nimmt aber zu viel Zeit in Anspruch. Der Schlafsack muss genügen, vorher snacke ich noch meine treuen Mädels und streife ihnen die Wärmeleibchen über. Meine Fingerspitzen schmerzen, das hantieren mit den Biwaksachen bereitet mit große Mühe. Vorsichtshalber stecke ich meine Skier als Warnkreuz 20 m vor unserem Rastplatz in den Schnee. Eigentlich müsste ich noch unbedingt ein Kohlenhydrat Lunch zubereiten. Doch in Anbetracht des Zustandes meiner Finger, begnüge ich mich mit etwas Wurst und Brot, tiefgefroren versteht sich! Nach kurzem Kampf mit der Isomatte, die sich samt Schnee, Schlafsack und mir immer wieder selbst einrollen will, schlüpfe ich in voller Montur in den Schlafsack.

Dann der Schock !!

Aufgerissene Mäuler mit weißen Reißzähnen, lautes Hecheln, schaumige Lefzen, dampfende Ungeheuer 30cm vor meinem Gesicht. Mir stockt das Blut in den Adern. Ein Alptraum ?? nein!! Jemand ruft meinen Namen. Sekunden erscheinen wie Ewigkeiten, endlich klare Gedanken. Mattias Schmidt der Norweger ist auf uns aufgelaufen. Er ist mit seinen 10 Grönlandhunden auf der Halbdistanz unterwegs und muss uns hier in diesem Nadelöhr überholen. Er ruft noch lauter! Ich soll meinen Hund der neben mir mitten auf dem Trail zusammengekauert schläft zur Seite packen. No Garantie, to dangerous !! seine Worte rasen in meinem Kopf, ich schnappe Akana und ziehe sie zu mir auf den Schlafsack. Sofort geht ein Ruck durch sein Team, um Haaresbreite manövriert er seinen riesigen Tobboggan um uns herum.

Ein Blick zur Uhr, 1 Stunde und 20 min Pause! geschlafen wie ein Bewusstloser  aber ich fühle wohlige Wärme im Schlafsack. Erst als ich Akana verbal zum Aufstehen bewegen will, bemerke ich das ich mit vollem Mund beim Essen eingeschlafen bin, den Rest meiner Malzeit halte ich noch fest umklammert in der Hand. Jetzt kann ich auch deuten warum sich die Grönis so intensiv für mich interessierten, Akana war wohl die rettende Ablenkung. Plötzlich fällt mir das Phantom wieder ein, in Windeseile packe ich die Pulka. Anouk und Akana fressen ihr Trockenfutter aus dem Schnee, meinen letzten halben Liter Mineraldrink ziert bereits eine dicke Eisschicht. Zum gewinnen von Flüssigkeit durch Schnee schmelzen bleibt keine Zeit, Eisbrocken zum Frühstück!

Selbst jetzt nach all den bisherigen Strapazen, freudiges jaulen beim einspannen meiner Mädels. Ich bin gerührt was diese Beiden für mich leisten. Wie immer dauert es ihnen zu lange bis ich meine Skier angeschnallt habe. Mattias hat doch einige unserer Ausrüstungsteile mit seinem Schlitten in der Landschaft verteilt. Unser Topfdeckel, ein Packsack und mehrere Booties kommen während der nächsten 100m zum Vorschein. Während der Fahrt erledige ich nach und nach alle wichtigen Dinge wie z.B. Müsliriegel essen und Standort bestimmen. Letzteres ist nicht gerade ermutigend, es bleiben nahezu 70 km bis Särna ins Ziel. Nach kurz währender Vorfreude über die gute, wenn auch kurze, Regeneration, holt uns der kraftraubende weil ständig bergiger werdende Trail in die Wirklichkeit zurück. In den Steilpassagen breche ich immer wieder durch die unstabile Schneedecke, stürze weil sich die Skispitzen im Buschwerk verhaken. Keine 30 Sekunden lässt mich Anouk ruhen. Wenn ich mich nicht augenblicklich aufrapple und weiterlaufe schleppen sie mich an der Bodyleine hinter der Pulka her, unkaputtbar diese Hunde. Die Skispuren Sverres wurden deutlicher, ich versuchte seinen Vorsprung  zu schätzen. Vielleicht hatte auch er irgendwo in der Nähe ein Biwak aufgeschlagen.

Endlich Morgengrauen, es wird wärmer, die Tageskilometer auf dem GPS addieren sich in Zeitlupe. Quälender Durst, den Hunden wird es nicht besser gehen. Sie fressen unaufhörlich Schnee, warum nicht! Es stillt auch meinen Durst etwas. Gegen Mittag erreichen wir nach 30 km fortwährender Steigung Höktanden der höchste Punkt der letzten Schleife. Im NO weit vor uns das Fjäll, wo wir heute gen Mitternacht herabfuhren. Hier oben hat auch Mattias mit seinen Grönis gerastet, im Schnee finden wir eine Fleischplatte die seine Hunde übrig ließen. Anouk und Akana nehmen die Einladung gerne an. Endlich kommt uns ein Motorschlitten entgegen, die Pulka läuft jetzt etwas leichter, mit den Skiern pflüge ich nach wie vor an den Rändern im bis zu 25cm tiefen Schnee. Wenig später begegnen uns sogar 2 Skiläufer in dieser Wildnis die auch über die mangelnde Tragfestigkeit der Strecke klagen. Ich muss ihnen erklären was wir hier tun und wo wir gestartet sind, ernte skandinavische Bewunderung und bekomme Glückwünsche für den Rest des Rennens. Die traumhafte Natur und die Einsamkeit die ich sonst an dieser Region so schätze sind in den Hintergrund getreten. Alle meine Gedanken drehen sich um die Kreuzung, an dem der Trail aus dem Fjäll kommend nach Särna abzweigt. Ab hier sind auch wieder andere Teams unterwegs und der Trail verläuft fast ausschließlich bergab. Am dortigen, nahen Skidoorastplatz verspreche ich mir noch etwas Erholung. Minuten wie Stunden, Meter wie Kilometer, endlich erreichen wir bei Lisselavallen den Rastplatz. Die Hunde laufen wie ferngesteuert zur Feuerstelle, wo wir im Vorjahr während einer Tour einen Grillstop eingelegt hatten. Gehen, ohne meine Bretter unter den Füßen, bereitet mir Schwierigkeiten. Diese Motorikstörung ist mir unerklärlich. Wir teilen den letzten Proviant, die Notration Schokolade mögen die Mädels am liebsten. Hier oben gibt es auch wieder Handyempfang, Ehefrau Birgit und Sohn Moritz beschwören mich auf den letzten Metern durchzuhalten und die Skier wieder anzuschnallen.

Gerade im Aufbruch begriffen, passiert mich Manfred Götzmann, an dieser Stelle noch ohne erkennbare Verletzung. Manfred war auf dem Weg vom Fjäll hinunter zum Checkpoint 4 wo er das Rennen aufgab. Es blieb nur Zeit für einen kurzen Gruß und gegenseitige Glückwünsche. Endlich bessert sich die Trailbeschaffenheit dank der hohen Frequention dieser Skidooroute ( der Schnee schmeckte deutlich nach 2T-Abgas! ) in Richtung Särna. Doch dieser Tatsache und der überwiegenden bergab Fahrt kann ich nichts mehr abgewinnen, ich sehne das Ziel herbei um die quälenden Schmerzen zu beenden und die geschundenen Glieder ruhen zu lassen.

Mir wird bewusst das ich das Phantom nicht mehr stellen kann, Sverre N. Moe finishte gegen Mittag des 17.März nach 45 Stunden die 310km des Polar Distans. Von nun an waren wir die gejagten, denn Lennart Andersson musste irgendwo auf unserer Fährte sein. Ohne weitere Pause erreichten wir Checkpoint 5, die letzte Durchfahrtskontrolle. Die Straße in Ostomsjön war schneefrei, dies bedeutete das ich ohne Skier queren musste, was mir auch mit letzter Anstrengung gelang. Auf den Kilometern 308 - 310 geißelt uns noch ein Graupelschauer, halb so schlimm wir sind durch, zum dritten mal hintereinander. 5 Stunden nach dem Phantom,  erreichen wir Särna. Ich knie im Schnee und danke von Herzen meinen reichlich dünn gewordenen Mädels. Sie sind am ersten Renntag 125 km, am zweiten 185 km fast ohne Pause gelaufen.

Lennart ereilte am Skidoorastplatz ein schweres Schicksal. Entkräftet und dehydriert wollte er sich und seine Hunde am Rastplatz versorgen, musste jedoch feststellen das er die Streuscheibe seines Kochers verloren hatte. Notgedrungen gab er das Rennen auf, eine harte Entscheidung so kurz vor dem Ziel.

Am Freitag den 18. März erreichte nach 67 Stunden der Norweger Jo Inge Fuglesteg mit seinen beiden Malamuten das Ziel. Mit schweren Erfrierungen an den Füßen wurde er nach Oslo in eine Spezialklinik gebracht.

Am Samstag finishte Inge Eklund der älteste Teilnehmer mit seinen 4 Malamuten nach 94 Stunden Laufzeit. Die letzte Nacht musste er bei –33 Grad biwakieren, an Langlauf war bei diesen Temperaturen nicht mehr zu denken.

In der 6-Hunde Klasse belegten A.Eikevik Platz 1, M.Anes Platz 2,  H.J. Ebert Platz 3, B. Sandin Platz 4

In der Offenen Klasse belegten K. Grönas Platz 1, M. Holmgren Platz 2, F. Bakke Platz 3,

M Witschel Platz 4, K. Esseth Platz 5, H. Krempel Platz 6, M. Holland Platz 7 und A. Espelien Platz 8

Von 27 Startern erreichten 16 das Ziel. Galm, Rosemann, Wepler, Götzmann und Schwegel

( 2004 Sieger der 6-Hundeklasse) mussten das Rennen aufgeben.

Allen Reformwünschen, vernehmlich der Deutschen Teilnehmer, auf die ich hier nicht näher eingehen will, darf ich, insbesondere im Namen der Rennleitung, eine klare Absage erteilen. Das Polar Distans ist mit seinen besonderen Rennregeln eines der abenteuerlichsten und spannungsgeladenen Rennen der Welt und soll es auch bleiben.

Mein besonderer Dank gilt meiner Familie für die Unterstützung bei der Ausübung dieses einmaligen Sportes und der Firma AFFINITY PETCARE für die herausragenden ADVANCE Futtermittel.

 

Ergebnisse Polardistans 2005

PULKA 2-HUNDE. Start Dienstag den 15.3.2005, 09.00
Nr Namn/name: Storbäcken: Öst om sjön Lövhögen: Öst om sjön  Mål/finish: time /-6 tim
1. 3.JO INGE FUGLESTEG 13.30-14.20 07.27-14.05 09.35-09.55 13.45-14.10 10.08 (fre) 72.08/67.08
2. 1.SVERRE N. MOE 13.44-14.20 01.35-08.30 17.03-17.15 21.10-22.15 12.17 (tors) 51.17/45.17
3. 2.STEPHAN ZIESEL 13.30-14.30 01.15-08.40 18.00-18.30 22.50-24.00 17.24 (tors) 56.24/50.24
4. LENNART ANDERSSON 13.30-14.50 01.15-08.20 18.05-18.28 23.20-08.05 --/ x

PULKA 4-HUNDE. Start Dienstag den 15.3.2005, 09.00

Namn/name: Storbäcken: Öst om sjön Lövhögen: Öst om sjön Mål/finish: time /-6 tim
5. 1.INGE EKLUND 14.10-14.55 14.00-07.20 16.50-06.50 10.45-11.40 12.57 (lör) 99.57/93.59
6. FREDDY KAMPENES 14.03--/ -- -- -- -- x
7. WIL CO van DIJEN 14.28--/ -- -- -- -- x
8. BEATRIX BORN No start -- -- -- -- x

6-HUNDE-KLASSE. Start Mittwoch 16.3.2005, 09.00

Namn/name: Storbäcken Öst om sjön Lövhögen Öst om sjön Mål/finish time /-6 tim
9. HANS ROSEMANN 15.15-15.30 tors 18.30 08.00--/ -- -- x
10. HANS SCHWEGEL 12.26-12.34 24.00-07.30 16.20-06.30 --/ -- x
11. OLAV TVEITEN No start -- -- -- -- x
12. 3. HANS-JURGEN EBERT 12.30-12.36 24.00-07.00 17.15-17.17 21.30-04.45 15.19 (fre) 54.19/48.19
13. RAINER GALM 12.56--/ -- -- -- -- x
15. 2. METTE ÅNES 12.52-13.40 22.20-06.50 15.20-16.59 20.30-22.00 09.38 (fre) 48.38/42.38
16. ANNIKA CARLSSON 13.21-14.20 13.00--/ -- -- -- x
17. 4. BIRGITTA SANDIN 12.52-13.00 03.10-11.50 22.25-01.05 04.35-09.30 19.19 (fre) 58.19/52.19
18. 1. ATLE EIKEVIK 12.02-12.11 19.10-01.10 08.03-08.55 11.43-15.40 23.40 (tors) 38.40/32.40


OFFENE KLASSE. Start Mittwoch 16.3.2005, 09.00

  Namn/name: Storbäcken: Öst om sjön Lövhögen: Öst om sjön  Mål/finish: time /-6 tim
19. NISSE UPPSTRÖM 12.37-12-47 21.43-03.43 12.00-12.15 16.20-20.00 --/ x
20. 4.MANFRED WITSCHEL 12.05-12.13 22.50-05.00 11.45-11.47 14.40-19.30 06.47 (fre) 45.47/39.47
21. MANFRED GOETZMANN 12.04-12.11 20.00-05.20 12.45-12.48 16.00--/ -- x
22. 7.MORTEN HOLLAND 13.21-13.35 00.45-09.45 22.25-06.10 10.30-11.20 11.19 (lör) 74.19/68.19
23. 1.KARSTEN GRÖNÅS 11.34-11.45 17.55-23.05 06.50-07.10 09.50-10.00 18.08 (tors) 33.08/27.08
24. 2.MATTI HOLMGREN 12.29-12.55 20.15-02.15 10.10-11.45 14.30-17.30 01.00 (fre) 40.00/34.00
25. 8.ARILD R. ESPELIEN 13.21-15.02 13.40-19.40 05.05-08.25 12.40-13.30 12.51 (lör) 75.51/69.51
26. 3. FRODE BAKKE 12.19-12.30 20.35-02.35 10.43-12.20 15.50-20.30 06.01 (fre) 45.01/39.01
27. 5. KRISTIN ESSETH 12.37-12.50 21.10-03.20 11.55-13.10 17.00-17.20 07.23 (fre) 46.23/40.23
28. TOM ARNE KRISTIANSEN No start -- -- -- -- x
29. KARL HEINZ WEPLER 12.03-12.30 21.05--/ -- -- -- x
30. PER NYLÉN 13.30--/ -- -- -- -- x
14 6.JOHANNES KREMPLER 11.48-11.51 21.50-07.00 12.55-15.00 17.35-03.55 11.16 (fre) 50.16/44.16

POLARDISTANS 150

6-HUNDE-KLASSE. Start Mittwoch 16.3.2005, 09.00

  Namn/name: Storbäcken: Öst om sjön Lövhögen: Öst om sjön Mål/finish: time:
31. 1. EVELINE KOCH     14.43-15.22 18.00-18.20 06.25 (tors) 21.25
32. 2. WIM KUIPER     16.18-16.45 21.05-22.20 12.55 (tors) 27.55
33. SOFIA DUCEMARK     --/ -- -- x

 OFFENE KLASSE. Start Mittwoch 16.3.2005, 09.00

  Namn/name: Storbäcken: Öst om sjön Lövhögen: Öst om sjön Mål/finish: time:
34. 1. MATTIAS SCHMIDT     16.18-17.35 21.10-02.50 15.30 (tors) 30.30

 


zurück